_Pressearchiv_

<last><back_to_start><next>

_Märkische Allgemeine 28.8.07_

Musikalisches Klanggewitter

Franz de Byl hat es im Gortzer Kirchgarten krachen lassen


Ganz egal, wie das Wetter vorher war: Wenn der Kulturförderverein Gortz in den Kirchgarten zum Konzert lädt, dann scheint die Sonne. Wer sich einmal die Programmabfolge an den Konzertnachmittagen anschaut, der ahnt den Grund für Petrus' Wohlwollen. Erst wird in dem Kirchlein eine kulturgeschichtliche Führung angeboten, dann gibt es eine Andacht und wenn danach die Musiker zu ihren Instrumenten greifen, lacht garantiert die Sonne. So war es auch am Sonntagnachmittag als Franz de Byl mit seiner Band vor etwa 100 Zuhörern auftrat.
Seine Musik wirkt wie eine Naturgewalt. Man meint einen Gewittersturm zu erleben, wenn de Byl es mit seinen Jungs - Thomas Germann, Bass, und Sascha Otto, Schlagzeug - beim fetzigen Rock so richtig krachen lässt. Bluesig klingt seine raue, heisere Stimme, wenn er Titel wie "A Real Mother For Ya" von Jonny Guitar Watson oder "Stormy Monday" von T-Bone Walker ins Mikro knautscht und die jeweilige Stimmung der Titel genau zu dosieren weiß. Als "Hey Joe" erklingt, zucken die Füße im Publikum besonders heftig, denn der reiferen Jugend steckt Jimi Hendrix noch tief im Blut.
Wer Franz de Byl an der Gitarre agieren hört, der wird kaum glauben können, dass dieser Soundvirtuose Autodidakt ist. Bereits 1958 hat er im zarten Alter von 8 Jahren angefangen, Gitarre zu spielen. Er sei eine Art Wunderkind gewesen, erzählt de Byl bescheiden, und so habe er schon bald eine Reihe von Preisen eingeheimst. Noch vor Woodstock habe er Bob Dylan und Joan Baez gespielt, und natürlich Ray Charles und James Brown. Mit 17 hat der gebürtige Bottroper sein Abitur gemacht und ist nach Berlin gegangen. Dort studierte er einige Semester Elektrotechnik an der Technischen Universität, weil er ursprünglich Toningenieur werden wollte. Schließlich verschrieb er sich ganz und gar der Musik und gründete das "Flöz", eine einst berühmte Musikkneipe in West-Berlin, die er 30 Jahre lang geführt hat, bevor er sie 2004 aus finanziellen Gründen schloss. Jetzt betreibe er eine private Musikschule im Berliner Bezirk Charlottenburg, erzählt er. Mit der Band spiele er seit 10 Jahren zusammen.
Weil seine Mutter so ein gutes Nervenkostüm hatte, konnte Sascha Otto Schlagzeuger werden. Als er sein erstes Schlagzeug geschenkt bekam, war er vier. Hätte er allein im Keller seines Elternhauses üben müssen, hätte er vielleicht bald den Spaß verloren. Doch seine Mutter setzte sich dazu und las ein Buch. während Sascha übte. Heute ist er mit dem Instrument so sehr verwachsen, als sei es ein Teil von ihm.
Als sich Thomas Germann in Jugendjahren zum Tischler ausbilden ließ, da beherrschte er seine Bassgeige bereits perfekt - denn er hat ebenfalls mit acht Jahren angefangen zu spielen. So verwundert es nicht, dass auch er schließlich die Musik zum Beruf gemacht hat.
(Ann Brünink)